28.02.2010

Lina und Jasmin

von Bine
Nachdem wir schon einige potentielle neue Mitbewohner kennengelernt hatten, erreichte uns am Sonntag Morgen der Anruf von Lina: Sie hätte einen Notfall, sie und ihre 13-jährige Tochter Jasmin säßen seit 2 Monaten auf gepackten Koffern und die eigentlich gemietete Wohnung würde nicht frei. Sie müssten aber dringend beim Ex-Lebensgefährten von Lina raus, die Situation sei unerträglich geworden.

Unsere mitfühlenden Herzen schmolzen dahin, besonders wenn auch noch ein Kind involviert ist und die Dame machte einen seriösen, gut situierten Eindruck. Sie sei Apothekerin, hatte eine eigene Apotheke in Charlottenburg gehabt, die sie aber aufgegeben hatte, weil sie mit ihrem damaligen Mann nach Kanada gehen wollte.

Aufgrund der "Notsituation" kamen wir von unserem Vorhaben ab, erst gegen Zahlung der Kaution den Wohnungsschlüssel zu übergeben und die beiden brachten am selben Abend noch die ersten Koffer zu uns. Sie sollten auch nur vorübergehend bei uns bleiben, da wir eigentlich nicht zu viert und schon gar nicht mit Kindern unsere Wohnung teilen wollten. Wir vereinbarten, dass Jasmin das Schuljahr in Ruhe beenden sollte und in den Sommerferien würden die beiden wieder ausziehen.

"Endlich das Problem Helmut gelöst - wir können nun entspannen und unser Zuhause genießen" dachten wir. Pustekuchen! Jetzt fing der Stress erst richtig an.



Zuerst einmal verschob sich der "richtige" Einzug von Lina und Jasmin und damit auch die Mietvertragsunterschrift um 3 Tage, da Jasmin krank wurde - Verdacht auf Schweinegrippe! Aber dann waren sie da, Jasmin bekam das Zimmer mit der eigenen Dusche und Lina das kleine Schlafzimmer, beides war von uns zum größten Teil möbliert und eingerichtet worden. Aber weder die erste Miete noch die Kaution wurden gezahlt, obwohl wir beim Abschluß des Untermietvertrages auf die sofortige Fälligkeit hingewiesen hatten. Man ist ja erst mal rücksichtsvoll und schiebt es auf die stressigen Situation, in der die beiden steckten, da will man ja nicht gleich ständig auf der Matte stehen und nach Geld schreien. Nachdem aber am nächsten Monatsersten immer noch keine Kohle auf dem Konto war, war ein ernstes Gespräch fällig. Na gut, Lina bezahlte die geschuldete Miete, aber die Kaution könne sie gerade nicht erbringen, da ihr Geld im Tresor der Wohnung ihres Ex sei und sie gerade nicht dran käme. Sie würde sich aber so schnell wie möglich darum kümmern. Wir hatten dafür Verständnis.

Eines Tages kam Lina mit einer Bitte zu mir: Da ihr Zimmer doch recht klein sei und sie ja sehr viel Kleidung hätte, wollte sie einen zusätzlichen Kleiderschrank von ihren eingelagerten Möbeln holen und in den Flur vor ihrem Zimmer stellen. Dazu müsste allerdings das Bücherregal, das dort steht, ins Wohnzimmer an Stelle des großen Kückenbüffets, und dieses in die Küche geräumt werden. Sie hätte schon mit Chazz darüber geredet, die grundsätzlich nichts dagegen hätte. Ich hatte grundsätzlich auch nichts dagegen, aber wir wollten zu dritt noch einmal darüber sprechen.

Als ich am nächsten Tag heim kam, waren Lina und Jasmin gerade dabei, das Büffett in die Küche zu schleppen. Das Bücherregal war schon umgeräumt. Ich war so überrumpelt, dass ich überhaupt nicht reagieren konnte. Hatten wir nicht gesagt, dass wir erst noch einmal darüber reden wollten? Als Chazz nach Hause kam, war sie genauso sprachlos, aber weil sie an diesem Abend Gäste eingeladen hatte, kam es nicht zu einer Diskussion und wir saßen mit unserem Besuch mitten in einer halb umgeräumten Wohnung. Als es dann Wochenende war und Zeit zum Reden gewesen wäre, war unsere Empörung bereits verraucht.

Mit dieser Aktion sollte es aber nicht getan sein. Beinahe täglich wurden nun neue Kartons und Möbelstücke in die Wohnung geschleppt, obwohl wir Lina klipp und klar gesagt hatten, dass unser Hausrat komplett sei und sie nur persönliche Dinge für ihr Zimmer mitbringen könne. Es schlich sich ein ungutes Gefühl ein: jeden Tag kam man nach Hause und musste fürchten, dass sie schon wieder etwas umgeräumt hatte. Wir beriefen ein WG-Treffen ein und schilderten unsere Gefühle und forderten sie auf, sich an unsere Vereinbarungen zu halten. Sie schien einsichtig - und machte am nächsten Tag weiter wie gehabt!

Auch die Zahlung der Kaution wurde von ihr geflissentlich ignoriert, und wenn wir sie um eine Aussage dazu aufforderten, hatte sie entweder keine Zeit für uns, weil sie plötzlich mit ihrer Tochter noch Hausaufgaben machen musste (abends um 8, nachdem sie den ganzen Tag mit ihr ferngesehen hatte) oder sie verschwand schnell in ihrem Zimmer und stellte sich schlafend. Wir änderten unsere Taktik und fingen sie eines Morgens um 6 Uhr ab. Jetzt hatte sie keine Ausflüchte mehr und sie vertröstete uns auf die kommende Woche, da ihr Ex gerade nicht in Berlin sei, das immer noch gemeinsame Konto angeblich leer geräumt hatte und sie auch nicht an den Tresor käme. Wir ließen uns darauf ein, was hätten wir auch sonst tun sollen?

Der versprochene Termin kam, Lina zahlte nicht. Nun wurde unser Ton schärfer, wir sprachen sie täglich darauf an. Meistens wurden wir schnippisch abgewimmelt, sie könnte jetzt nicht reden, sie telefoniere gerade mit ihrem Anwalt oder wir bekamen gar keine Anwort auf unsere Frage nach dem Geld.

Am ersten Tag der Winterferien morgens um halb 6 verließen Lina und Jasmin die Wohnung ohne eine Nachricht zu hinterlassen und fuhren angeblich zu Linas Vater nach Kanada. Unsere Versuche, sie per Handy zu erreichen, scheiterten.

Weihnachten und Sivester verliefen entspannt und gemütlich und wir hatten Gelegenheit, einmal durchzuatmen.

Der letzte Tag der Winterferien - inzwischen der 3. Januar - war da, wir gaben Lina und Jasmin bis 20 Uhr Zeit, noch zu erscheinen, dann wollten wir ihre Eltern in Tegel anrufen, um uns nach ihnen zu erkundigen. Punkt 19.30 h standen die beiden auf der Matte, fröhlich, als wäre nichts geschehen. Nachdem Jasmin ins Bett gegangen war, zitierte ich Lina ins Wohnzimmer und forderte von ihr die Miete für Januar, die natürlich wieder nicht auf dem Konto eingegangen war und sie behauptete frech, dass sie diese am 28. überwiesen hätte. Es kam auch am nächsten und übernächsten Tag kein Geld auf dem Konto an.

Nachdem Lina zum Thema Miete und Kaution wieder nicht mit uns reden wollte, hatten wir die Schnauze voll. Wir übergaben ihr nach einer Abmahnung die Kündigung zum Monatsende. Zum Glück war dies möglich durch den Umstand, dass wir möblierte Zimmer in einer WG untervermietet hatten. Zur Sicherheit gingen wir ein paar Tage später noch zur Polizei und zeigten sie als Mietnomadin an.

Natürlich trug die Kündigung nicht gerade dazu bei, die Stimmung in der Wohnung zu verbessern. Lina verschanzte sich nur noch in Jasmins Zimmer und kam nur heraus, um die Küche zu verdrecken ohne hinterher sauber zu machen. Ab sofort gingen  Chazz und ich nur noch abwechselnd zur Arbeit und die andere blieb zu Hause - wer weiß, ob wir nicht eines Tages heimgekommen wären und die ganze Wohnung wäre komplett leergeräumt gewesen? Inzwischen trauten wir ihr alles zu!

31. Januar, wir hatten Lina einen Termin zur Übergabe der Zimmer gesetzt und uns eine Freundin als Zeugin herbestellt. Als der Zeitpunkt kam, war Lina weg und wir fanden einen Zettel in der Küche, der uns darüber informierte, dass sie das eine der beiden Zimmer geräumt hätte, aber aus dem anderen müssten wir sie herausklagen. Außerdem drohte sie uns, dass sie das Finanzamt und das Arbeitsamt informieren würde. Welche "Druckmittel" sie wohl in der Hand hatte, ist mir bis heute unklar.

Wir ließen uns durch so einen albernen Wisch nicht ablenken und führten die "Übergabe" in Abwesenheit der Mieterin trotzdem durch und protokollierten den Zustand der Zimmer. Dabei stellte sich heraus, dass Lina doch da war und sich nur wieder im Bett versteckt und schlafend gestellt hatte. Sie bekam unser Übergabeprotokoll ordentlich unterschrieben und bezeugt ausgehändigt und damit war für uns die Sache erledigt, denn wir hatten natürlich vorgesorgt.

Für den 1. Februar hatten wir einen Schlüsseldienst bestellt, der das Schloss der Wohnungstür auswechselte. Das war auch mit unseren Vermietern abgeklärt, da das Schloss kaputt war und früher oder später sowieso erneuert hätte werden müssen. Dem nicht genug, hatten wir auch schon im Vorfeld mit der Polizei abgesprochen, dass wir die Beamten rufen könnten, falls sich die Dame weiterhin rechtswidrig in unserer Wohung aufhält. Die Polizisten kamen also und verschafften sich Zutritt zum Zimmer, das Lina mit Koffern und Kisten verbarrikadiert hatte. Leider oder gottseidank war sie ausgeflogen. Die Polizei übergab uns offiziell wieder unser Zimmer und dank des neuen Schlosses kam Lina auch nicht mehr in die Wohnung. Uff, das war geschafft!

Nun blieb nur noch, ihren Kram los zu werden, den sie in dem Zimmer und dem Rest der Wohnung hinterlassen hatte. Ich schrieb ihr einen Brief an die Adresse ihrer Eltern und gab ihr 3 Termine zur Auswahl, zu denen sie ihre Sachen gegen Zahlung der geschuldeten Miete abholen konnte. Ein Wunder geschah, denn sie nahm tatsächlich den letzten Termin wahr und brachte sogar Geld mit. Offensichtlich hatte sie inzwischen Post von der Polizei bekommen und war daher ganz zahm.

Auch diese Aktion verlief nicht nach unserer Vorstellung, zuerst kam sie mit ihrer Tochter und dem Großvater, plötzlich stand aber unangekündigt ein fremder Mann in unserer Wohung und trug Kisten raus und genaus plötzlich war sie wieder verschwunden, ohne Abschied, ohne die Schlüssel zurückzugeben und ohne wirklich alle Sachen mitzunehmen, der Großteil ihrer Bücher war im Wohnzimmer zurückgeblieben.

Ein weiterer Brief blieb unbeantwortet und als wir uns daran machten, die Reste ihrer Anwesenheit zu beseitigen, kam erst das ganze Ausmaß ihrer kaputten Existenz zum Vorschein. Im Zimmer fanden wir zwei Kartons mit leeren Sekt- und Weinflaschen, unter denen ich auch mein für besondere Zwecke aufgehobenes Geburtstagsgeschenk, eine Beerenauslese aus meinem Jahrgang wiederfand, die ich schon vermisst hatte! Unsere Hausbar war ebenfalls dezimiert worden: in jeder Flasche befand sich nur noch ein kleiner Schluck.
Im Schrank hinter den Büchern fanden wir die Korrespondenz der letzten 2 Jahre: Insolvenzverfahren der Apotheke, offene Mietforderungen anderer Vermieter, Schreiben vom Gerichtsvollzieher wegen nicht bezahlter Stromrechnungen, etc.

Insofern waren wir ja noch glimpflich davon gekommen, wenn man zurückschaut. Zum Glück hatten wir relativ schnell und konsequent gehandelt. Uns tut nur die arme Tochter so leid, die das alles mitmachen muss. Allein dafür gehört diese Frau bestraft! Leider wurde die Anzeige fallen gelassen, da sie ja letztendlich die reinen Mietschulden bezahlt hat. Bei der Polizei hat sie allerdings behauptet, von einer Kaution sein nie die Rede gewesen. Ich frage mich nur, wie man den entprechenden Passus im Mietvertrag dann interpretieren soll?

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